Zevenheuvelennachtloop 2017
Nachts sind alle Läufer orange und tragen Müllsäcke. Zumindest ist das in Nijmegen in den Niederlanden so. ---
Super lecker! Aber eine Stunde vor dem Lauf, sollte ich das nicht essen. Der Hunger siegte dann aber über die Vernunft und somit machte ich mich wohl gestärkt auf dem Weg zum Start. Hoffentlich würde ich dafür nicht während des Laufes die Quittung zahlen und mich übergeben müssen!
Bei strömenden Regen und leichtem Hagel kam ich in Nijmegen
an. Die erste Erkenntnis des Tages: „Petrus ist
kein Holländer!“
Eigentlich war ich so früh da, dass ich ausreichend Zeit für
eine kleine Stadtbesichtigung und einem ausgiebigen Besuch der Expo hatte.
Aufgrund des Wetters strich ich aber die Stadtbesichtigung und schlug mich
unter meinem Regenschirm gleich zur Expo durch.
Hier fühlte ich mich auch sofort wohl. Ein Dach über dem
Kopf, Heizstrahler, jede Menge Läuferspielzeug und gleichgesinnte Läufer. Das
Paradies!
Schnell bekam ich meine Startunterlagen und das T-Shirt und
nahm jeden Stand exzessiv unter die Lupe. Es war herrlich.
Nach einer Stunde knurrte dann jedoch mein Magen verdächtig
laut. Ich hatte morgens nur eine Kleinigkeit gegessen und weil ich noch zum
Friseur musste keine Zeit für einen Mittagsnack gehabt.
Also entschloss ich mich noch eine Kleinigkeit beim Chinesen
zu essen. Wirklich, nur eine Kleinigkeit. Etwas Reis und ein bisschen Hühnchen.
Die zweite Erkenntnis des Tages: „Nicht jeder Niederländer spricht Deutsch oder Englisch.
Zumindest nicht die chinesischen Niederländer.“
Mit meinen sehr bescheidenen Niederländischkenntnissen
versuchte ich der Dame klar zu machen, dass ich nur eine Kleinigkeit essen
wollte, da ich gleich noch Laufen müsste und somit bekam ich gleich die
doppelte Portion.
Super lecker! Aber eine Stunde vor dem Lauf, sollte ich das nicht essen. Der Hunger siegte dann aber über die Vernunft und somit machte ich mich wohl gestärkt auf dem Weg zum Start. Hoffentlich würde ich dafür nicht während des Laufes die Quittung zahlen und mich übergeben müssen!
Einlass in meine Startbox war 18:25 Uhr. Start war gegen
19:00 Uhr. Es goss in Strömen, es war windig und eisig kalt. Perfekte
Bedingungen, um sich mal so eine richtig starke Erkältung einzufangen.
Kurioserweise hatten fast alle um mich herum Regenponchos.
Ich hatte aber nirgends einen Stand gesehen, wo man die Dinger hätte kaufen
können. Weder auf der Expo, noch an der Garderobe, noch links und rechts von
den Startblöcken. Zum Glück hatte ich meine Regenjacke dabei, die jedoch eine
viertel Stunde vor Start schon komplett durchnässt war.
Ich hatte mir vorgenommen die 7km des Zevenheuvelennachtloop
unter 45 Minuten zu laufen. Das liest sich vielleicht nicht sonderlich
ambitioniert, war es aufgrund der 7 Hügel jedoch! Außerdem hatte ich 2 Wochen
wegen muskulärer Probleme kaum trainiert.
Aufgrund der Bedingungen verwarf ich aber mein Ziel. Bei
nassem Untergrund benötigt man bei jedem Schritt mehr Kraft, weil die
Bodenhaftung eingeschränkt ist, außerdem ist kühle Nässe Gift für die
Muskulatur. Von daher dachte ich mir, dass es das Wichtigste sei, sich nicht zu
verletzen und unter 50 Minuten zu bleiben.
Das Rennen startete Punkt 19:00 Uhr bei, strömenden Regen,
heftigen Windböen und grellem Disko-Laserlicht! Die Stimmung war gut – das
Gedränge groß.
Der erste Kilometer war ein Stop+Go. 7.000 Läufer quetschten sich durch die Straßen von Nijmegen und das Feld wollte und wollte sich einfach nicht lichten. Ich war ausschließlich damit beschäftigt aufzupassen meinem Vordermann nicht in die Haken zu laufen, von rechts und links keinen Ellebogen abzubekommen oder in eine tiefe Pfütze am Straßenrand abgedrängt zu werden. Das Positive war, man konnte nicht stehen bleiben oder langsam laufen. Man wurde von der Masse mitgezogen und ich hatte berechtigte Zweifel, dass ich das hohe Tempo den ganzen Lauf durchhalten könnte.
Der erste Kilometer war ein Stop+Go. 7.000 Läufer quetschten sich durch die Straßen von Nijmegen und das Feld wollte und wollte sich einfach nicht lichten. Ich war ausschließlich damit beschäftigt aufzupassen meinem Vordermann nicht in die Haken zu laufen, von rechts und links keinen Ellebogen abzubekommen oder in eine tiefe Pfütze am Straßenrand abgedrängt zu werden. Das Positive war, man konnte nicht stehen bleiben oder langsam laufen. Man wurde von der Masse mitgezogen und ich hatte berechtigte Zweifel, dass ich das hohe Tempo den ganzen Lauf durchhalten könnte.
Ich brauchte also einen erfahrenen Pacemaker, der ein etwas
defensiveres Tempo lief. Und Ruckzuck hatte ich auch schon einen älteren Herren
mit Stirnband vor mir ausgemacht, der meinem Anforderungsprofil entsprach.
Durch Nijmegen funktionierte das auch sensationell gut. Ich konnte schön im
Windschatten bleiben. Das Tempo war nicht zu schnell aber immer noch
ambitioniert genug, um irgendwo um die 45 Minuten einzulaufen. Aber dann kam
der erste Hügel! Plötzlich war ich nicht mehr im Windschatten sondern gleich
auf. Dann begann der ältere Herr verdächtig laut zu Schnaufen, wurde langsamer
und von einer Sekunde auf die nächste war mit klar, dass ich mir einen neuen Pacemaker
suchen musste.
Den bzw. die hatte ich auch sofort gefunden. Zwei junge
Damen vor mir. Sie liefen das richtige Tempo und zogen mich den ersten Hügel
rauf. Ganz schön nervig war allerdings, dass ich mich stark auf meine Atmung
konzentrieren und gegen leichtes Seitenstechen ankämpfen musste, während sie
vergnüglich nonstop quasselten.
Gehörigen Respekt hatte ich vor dem Kwakkenberg und dessen
Anstieg auf 85 Höhenmeter – jedoch grundlos! Der Anstieg wurde vom Ingenieur
Luuk van Laake in ein magisches Lichtkunstwerk verwandelt. Ich kam aus dem
Staunen gar nicht mehr raus und bemerkte den Anstieg kaum. Ich fühlte mich an
die Halloween-Nacht im Toverland vor zwei Jahren erinnert. Kurz vor dem Anstieg
wurde es stockfinster. Mystische Musik drang aus Lautsprechern. Rechts und
links erschienen Bäume in einem gespenstischen Licht. Es war wie ein Lauf durch
einen Märchenwald.
Es war so spektakulär, dass ich meine Kamera aus der
Gürteltasche zog und ein Foto machen musste. Und dabei musste es passiert sein.
Irgendwie bin ich an irgendeinen Knopf an meiner Pulsuhr gekommen und hatte den
Kompass aktiviert. Verschwunden war die Angabe von Pace, Distanz und Puls. Ich
bekam es während des gesamten Laufs auch nicht mehr zurück gestellt. Hilfe! Was
nun?
Zu allem Überfluss musste ich nach 5km wieder einen neuen
Pacemaker suchen. Die beiden Mädels vor mir liefen wild von links nach rechts,
um mit irgendwelchen Bekannten und Freunden abzuklatschen und zogen dabei auch
noch kräftig das Tempo an. Zu schnell für mich. Ich musste bei dem hohen Tempo
einige Male aufstoßen und wurde dabei erinnert, was ich vor einer Stunde noch
gegessen hatte.
Daher entschloss ich mich mein eigenes Ding zu machen. Ohne
Pacemaker, ohne GPS-Uhr, lies ich mich vom Flow treiben. Das Tempo konnte ich
halten. Zum Glück hielten die Muskeln der Belastung stand. Auch das Läuferknie
blieb ruhig. Lediglich das Atmen viel schwerer. Und dann sah ich es auch schon!
Die bunten Laserstrahlen vom Zieleinlauf. Ein Endspurt war nicht möglich. Dafür
war das Teilnehmerfeld immer noch zu voll. Ich hatte aber auch nicht mehr die
Kraft dazu. Bei einer Bruttozeit von 49:49min. lief ich über die Ziellinie. Das
war schnell! Am Start hatte ich gut und gerne 5 Minuten verloren. Eine
Nettozeit von unter 45min. war daher drin! Leider bekam ich die
Kompass-Funktion nicht aus der Uhr und entschloss mich gleich durch zur Expo zu
gehen, um meine Zeit in Erfahrung zu bringen.
Die Idee hatten aber noch einige Hundert andere Läufer und
so musste ich mich am Stand von „Juichmoment:
Nationale-Nederlanden“ eine viertel Stunde anstellen,
um meine Endzeit in Erfahrung zu bringen. Es regnete noch immer, ich war von
innen wie von außen tropfnass, mir war kalt und ich wäre besser gleich zurück
zum Auto gegangen, aber ich wollte unbedingt meine Zeit wissen.
Und dann kam der große Moment. Ich wurde für das Foto mit
meiner Endzeit aufgerufen. 41:59 Minuten. Wahnsinn! Weit unter meinem
ursprünglichen Ziel von 45 Minuten!
Ich war überglücklich. Auf einmal machte mir auch der Regen
und die Kälte nichts mehr aus. Das war ein super Ergebnis und ein
Ausrufezeichen auf dem Weg zum Venloop Halbmarathon. Erkenntnis Nummer drei: „Es kommt immer anders, als man denkt.“
Wie in Trance fuhr ich danach zurück nach Hause, wedelte
stolz mit der Finisher-Medaille vor den Augen meiner Frau und lies mich dann in
eine wohlverdiente heiße Badewanne mit „Kneipp
Gelenk & Muskel Wohl“ fallen.
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