Wettkämpfe 2019 - 2020

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Hella Hamburg Halbmarathon 2019: Die Schlacht ums Wasser

Bereits der Saftautomat am Frühstücksbüffet verweigerte am Morgen des Wettkampftages seinen Dienst. So musste ich auf Kaffee ausweichen. Ich habe nichts gegen Kaffee, aber bitte nicht vor einem Lauf. Nicht vor einem wichtigen Rennen. Nicht vor meinem Jahreshöhepunkt! Das hätte mir eine Vorwarnung sein sollen.

Bewaffnet mit Schirmmütze, Sonnenbrille aber ohne jegliches Wasser machte ich mich, zusammen mit der unsportlichsten Ehefrau von allen, auf zur Reeperbahn - zur weltberühmten Vergnügungsmeile.
Hier am Start traf ich meine Laufbekanntschaft Dennis. Er, gute fünfzehn Jahre jünger, Marathon erfahren aber wie sich später herausstellen sollte nicht hitzebeständig. Im Schatten einer stark frequentierten Linde schmiedeten wir unsere Rennstrategie. Der Plan war jeden legalen, sowie illegalen Getränkestand mitzunehmen, der von der Ideallinie weit entfernten Schattenlinie zu folgen und die Pace eines frisch an der Hüfte operierten Achtzigjährigen anzuschlagen. Guter Plan!
Die unsportlichste und für unnötige Gesundheitsrisiken verständnisloseste Ehefrau von allen machte ein paar vor Kraft und Motivation strotzende, aber mit großer Mühe gestellte Fotos von Dennis und mir, drückte ihre spröden Lippen auf meine glühende Wange und warf mir zum Start einen beängstigten Blick zu, den Ehefrauen im 18. Jahrhundert Seemännern zum Abschied auf den Landungsbrücken zuwarfen.


Die sündigste Meile der Welt war voll von der Hitzegefahr ins Auge blickender Laufpiraten. Dennis und ich tänzelten zum verharmlosenden und aufputschenden Beat. Die Menge tobte, riss die Arme hoch und johlte.  Es war heiß. Verdammt heiß. Warm machen nicht notwendig. Dumpf in der Ferne ertönte der Startschuss. Die Menge setzte sich in Gang. Geblendet vom Glanz der Theaterhäuser, von der ekeligen Anziehungskraft der Bordelle und der maskulinen Faszination der Kneipen gafften wir nach rechts und links. Landeier in der Großstadt.
Die Schattenlinie führte Richtung Altona. Leichter Anstieg. Schon wenige Minuten nach dem Start raste der Puls in aus Intervalltraining bekannte Höhen. Wir prüften die Möglichkeit mit einem E-Scooter Kraft zu sparen. Keine Chance. Zu viele Gaffer. Nach der Wendemarke ging es leicht bergab Richtung Fischmarkt. Das Teilnehmerfeld lichtete sich. Immer wieder mussten wir die schützende Schattenlinie verlassen und gehende Läufer umkurven. Früh forderte die Gluthitze Tribut. Im Schatten der Kaimauer kauerte die erste der Synkope nahe Läuferin am Boden. Durchhalten! Nur wenige hundert Meter weiter an den Landungsbrücken wartete der erste Getränkeposten auf uns.


Erschöpft und mit einem leichten Sonnenstich gesegnet erreichten wir die Wasserstation an der fünf Kilometermarke. Scharf bogen Dennis und ich an den rechten Rand und streckten erwartungsvoll die rechte Hand aus. Der erste Tisch war leer. Wir stolperten über leere Plastikbecher zum zweiten Tisch. Mit gleichgültig provokanter Mine schüttelten die im Schatten stehenden Helfer die Köpfe. Wieder war der Tisch leer. Kein Becher. Kein Wasser. Verdammt! Wie eine biblische Plage waren die Läufer vor uns über die erste Getränkestation hergefallen.
Die einzige Erfrischung wartete an Landungsbrücke 3 in Form eines schwarzen mit eiskaltem Grundwasser gefüllten Mörtelkübel auf uns. Wie ausgehungerte Schweine vor einem Futterkrug sammelten sich zahllose Läufer rund um den Kübel. Ich reihte mich hinter Dennis ein. Dennis' Kopf glühte hochrot. Als sich eine winzige Nische zwischen einer alten Dame im giftgrünem Einteiler und einem androgynen Mädel mit Pixie-Cut ergab, faltete Dennis die Hände, stieß sie zwischen den Läuferinnen durch und tauchte kopfüber in die mit Hitzescheiß vermengte Grundwasser-Plörre. Erschrocken wich die Frosch-Oma ein Stück zurück. Ich erkannte meine Chance und tat es Dennis gleich. Wer hier zurück zuckt verliert oder in diesem Fall vertrocknet.

Leicht verärgert aufgrund des Wassermangels und der ungeplanten Zwangspause liefen wir weiter Richtung Elbphilharmonie. Die Sonne stand im Zenit und schien erbarmungslos auf uns nieder. Einige mit Kleingeld versorgte Hitzeläufer scherten zum Kiosk aus. Hoffnungsvoll sah ich Dennis an, aber der schüttelte gleich mit dem Kopf. Wir waren mittellos unterwegs. Ob es wohl Mundraub wäre, wenn ich kurz vor dem qualvollen Tod durch Dehydratation eine Cola am Kiosk mitgehen lassen würde? Mein Gedankengang bummelte mit 56 kbit/s durchs Hirn. Bevor ich zu einem Entschluss kam, passierten wir auch schon die Elbphi und liefen in die Speicherstadt.


Dennis gab mir ein Zeichen und zeigte auf eine Frau am Straßenrand. Sie hielt eine große mit Trauben gefüllte Plastikschüssel in der Hand. Adlerauge Dennis! Super Idee. Kurz vor uns hatte so ein Mager-Modell im weißen Trägertop und violetter Flattershorts die selbe Eingebung. Dennis zog an, aber Miss Magersucht erreichte zuerst die Obstoase und bediente sich an den erfrischenden kleinen Fruchtpillen. Leicht overpaced kam meine Laufbegleitung ins Straucheln und schlug mit der linken Hand der sichtlich irritierten Frau die Schüssel aus der Hand. Schüssel samt kleiner grüner Täubchen purzelten zu Boden. Wortlos gingen die drei synchron zu Boden und pickten wie Hühner nach Futter. Ich packte Dennis am Arm und zog ihn hoch. Er hielt mir eine leicht zerbeulte Traube hin und lächelte verlegen. Gute Freunde teilen eben auch in größter Not. Der süß-säuerliche Fruchtzucker explodierte auf meiner pelzigen Zunge. Ich wollte mehr, doch weitere Läufer fielen wie Aasgeier zu Boden und inhalierten die restlichen Weintrauben ein. Prinzesschen Bohnenstange half der Frau auf, drückte ihr ein Küsschen auf die Wange und wisperte: „Danke Mama“, bevor sie weiter lief. Beschämt sah ich Dennis, der mich wiederum dumpf wie Lloyd Christmas anglotzte, an. Wortlos und peinlich berührt liefen wir mit einigen Metern Abstand zur Trauben-Tochter weiter. Die Strecke machte eine Linkskurve und führte in den Wallringtunnel.


Augenblicklich legte sich bei Eintritt in die Tunnelröhre eine feuchte Kühle auf die glühende Haut. Der Pupillenreflex setzte nicht gleich ein und das Auge benötigte ein paar Sekunden um von grelles Sonnenlicht in der Mojave-Wüste auf die abgrundtiefe Dunkelheit in den Minen von Moria umzuschalten. Ein ohrenbeteubender Techno-Beat schallte durch den Wallringtunnel wie das Gebrüll eines Balrog in den prachtvollen Hallen von Khazad-dûm. Dennis sagte irgendwas, aber ich verstand kein Wort. Er setzte an, um sich zu wiederholen, aber ich gab ihm per Handzeichen zu verstehen, dass ich nichts hörte. Es war unheimlich. Die Arme der Waden-Elfen stürmte die hanseatische Mine. Tanzend -  zum Beat von DJ Ork. Es hätte mich nicht verwundert, wären wir an einem Läufer, in der tiefe Hocke kauernd, einen halb mit Wasser gefüllten hella Plastikbecher in der Hand und „Mein Schatz“ vor sich hin betend, vorbeigelaufen. Ehe die unheimliche Finsternis völlig Kontrolle über meine Gedanken ergriff, funkelte ein helles Licht in der Ferne. Der Ausgang war nah und somit auch die nächste Verpflegungsstation.

Der Mann mit dem Hammer hieß an diesem Sonntag Petrus und schlug unmittelbar mit einer niederschmetternden Hitze auf jeden Läufer ein, welcher der Dunkelheit des Wallringtunnels entkam. Abwehrend richteten sich alle Härchen auf Arme und Beine in die Höhe. Aber es war ein ungleicher Kampf mit geringer Chance auf Sieg. Einzig und allein die Aussicht auf ein erfrischendes hella Mineralwässerchen machte Hoffnung diesen Wettkampf zu überstehen.  Dennis bog wieder scharf an den rechten Rand und streckte die rechte Hand aus. Ich blieb in seinem Schatten und tat es ihm gleich. Doch wieder war der erste Tisch leer. Wieder stolperten wir über leere Plastikbecher und wieder schüttelten die Helfer mit den Köpfen. Kein Wasser mehr. Wir blieben stehen. Mit Argusaugen inspizierten wir jeden leeren Becher. War vielleicht noch irgendwo ein Schlückchen übrig? Stand vielleicht noch irgendwo eine volle Flasche Wasser rum? Einer der Läufer wollte die leeren Wasserkästen hinter der Absperrung begutachten. Die Ordnungskräfte hielten ihn jedoch ab. Dennis und ich eilten dazu. Würde der Durchbruch gelingen und würde sich doch noch irgendwo eine vergessene volle Flasche Wasser in den Kästen verstecken, wollten wir nicht zu spät kommen. „Lasst mich selbst gucken“, schrie der ältere Mann im schwarzen hella Funktionsshirt, weißer Fußballshorts und weißen Kompressionsstrümpfen. „Alles Wasser ist schon weg“, schrie ihm ein junger dürrer Kerl mit pickligem Milchbubi-Gesicht entgegen. „Holen Sie neues Wasser!“, schrie eine Läuferin mit Schirmmütze und Sonnenbrille, die sich dazugesellt hatte. „Wo soll ich neues Wasser her holen?“, schrie das Pickelgesicht und hob die Schultern. „Rufen Sie die Rennleitung an“, brüllte Dennis und versuchte sich seinen Weg unter den Tisch hindurch zu den Wasserkästen zu bahnen. Sogleich stießen mehre Ordnungskräfte hinzu und drückten ihn zurück. Dennis purzelte zurück und schlug mit dem Hinterkopf gegen meine Schienenbeine. Ich half ihm auf. „Passen Sie doch auf“, brummte er verwirrt. „Assis!“ schrie die Frau, machte eine abfällige Handbewegung und lief weiter. Ich blickte ihr nach und erkannte am Ende der Straße eine Wasserdusche. Auch Dennis erblickte die Dusche und machte eine Kopfbewegung Richtung nasser Erfrischung.

Die feucht kühlen Wassertropfen explodierten auf der ausgetrockneten Haut und lösten sich in Dampfwölckchen auf. Ich reckte den Kopf zum Himmel, schloss die Augen und streckte die Zunge aus. Das Wasser weckte augenblicklich, wie bei Mark Harris - dem Mann aus Atlantis, meine Lebensgeister und verlieh mir neue Energie. Ähnlich erging es Dennis, der pitschnaß wie Rumpelstilzchen von einem Bein auf’s andere sprang und schrille Erquickungslaute von sich gab. Das Vergnügen war jedoch von kurzer Dauer. Durch neue ankommende Läufer weitergeschoben ging es wieder in die Bratröhre. Bereits wenige Minuten später waren wir schon wieder staubtrocken. Der Streckenverlauf verlief in einem U-Turn über die Kennedybrücke. Kurz erblickten wir die die Trauben-Tochter, die durch unser Duschvergnügen begünstig, ihren Vorsprung ausgebaut hatte. Erleichternd stellten wir nach der Wendemarke fest, dass wir längst nicht die letzten Sonnenläufer auf der Strecke waren. Scharen dehydrierter Laufabenteurer krochen noch weit hinter uns über den glühenden Asphalt. Das, sowie die Aussicht am Erfrischungspunkt an der Außenalster einen Schluck kostbares hella Mineralwasser zu ergattern, erhellte die Stimmung.

Diesmal begrüßte uns an der Getränkestation ein kleiner Junge mit Pappschild in der Hand. „Wasser ist alle“, stand in krakeliger Schrift drauf geschrieben. Na toll, jetzt wurden kleine unschuldige Kinder instrumentalisiert um die Hiobsbotschaft zu übermitteln. Stumm und gebrochen schlichen wir am ersten Tisch vorbei. Wieder stolperten wir über Myriaden leerer Plastikbecher. Plötzlich hektische Betriebsamkeit am zweiten Tisch. Hastig schob eine Mittfünfzigerin leere Plastikbecher über den Tresen. „Nimmt Euch Becher mit! Da Vorne gibt es Wasser aus dem Schlauch“, schrie sie aufgeregt. Gegen sie schoben Kassiererinnen bei Aldi wie Schlaftiere Ware über den Scanner. Die Frau schien acht arme wie eine Krake zu haben. Neptun sei Dank. Sie behielt Recht. Nur wenige Meter hinter dem zweiten Tisch hatte die Feuerwehr einen Wasserschlauch aufgedreht, der in einem langsamen Schwall eiskaltes Grundwasser ausspuckte. Dennis packte die Ellbogen aus und boxte eine Schneise durch die Läufertraube. Ich blieb dicht an ihm dran. ‚„Langsam! Langsam!“, mahnte der Feuerwehrmann. Das Wasser platschte in den Plastikbecher und die Hälfte schwappte gleich wieder raus. Das kalte Grundwasser tauchte Zunge und Gaumen in eine nie zuvor geschmeckte revitalisierende Erfrischung. Hitze-Zombies verwandelten sich augenblicklich wieder in kraftvolle Ausdauerhelden.


Nur noch die Umrundung der Außenalster lag jetzt zwischen uns und dem schattenspendenden Ziel. Eine schöne Aussicht, wie auch der gleichnamige Streckenabschnitt an der Alster hieß. Obwohl der Name täuschte. Besser wäre gewesen heiße Aussicht. Dennis wurde langsamer und fasste sich an die Brust. „Alles ok?“ Er antwortete nicht und starrte geradeaus. „Ist alles ok?“, fragte ich erneut. Er schwieg, presste die Lippen zusammen und nickte kurz. Wir erreichten Kilometermarke 16, den nördlichsten Punkt der Alsterumrundung. Das Teilnehmerfeld war stark auseinander gezogen. Zuschauer Fehlanzeige. Dennis wurde noch langsamer und torkelte leicht. „Lass uns ein Stück gehen, ok?“, schlug ich vor und legte meine Hand auf seine Schulter. „Aber nur wenn Du nicht mehr kannst.“ Mit der Weisheit des Alters, nickte ich kurz. „Besser ist es.“ Das westliche Ufer der Außenalster glich einem Schlachtfeld. Rechts und links lagen völlig entkräftete Läufer in stabiler Seitenlage und wurden von rastlosen Sanitätern versorgt. Hinter jeder zweiten Ecke stand ein mit Blaulicht in Alarmbereitschaft stehender Rettungswagen. Zweimal wurden Läufer am Tropf auf der Trage liegend abtransportiert. Eine junge leicht bekleidete Blondine mit Blumenkranz im Haar und Halstattoo stürmte auf Dennis zu und drückte ihm eine Flasche Astra Kiezmische in die Hand. Argwöhnisch betrachtete Dennis die Flasche Bier. „Ist nur Wasser drin“, quiekte die Blondine. Dennis setzte an und kippte ohne zu schlucken die lauwarme Plörre runter. Dann drehte er die Flasche um, und hob entschuldigend in meine Richtung die Augenbrauen. Schöner Freund! Anscheinend waren wir jetzt an dem Punkt angelangt wo nicht mehr geteilt wurde. Langsam setzte sich Dennis wieder in Bewegung. „Halt!“, rief Blondie und zerrte ihm die Flasche aus der Hand. „Die brauch’ ich wieder“. Dennis wollte sich bedanken, aber stammelte nur unsinnige Wortfetzen.  

Wir passierten Kilometermarke 19 im Schlurfschritt. Meine Zunge schmeckte wie die Sandale von Axel Schemberg. „Herr, lass es hella Wasser regnen!“ 
Und dann, dann passierte ein Wunder. Gott hatte mich erhört. Der hella Erfrischungspunkt kurz vor der Edmund-Siemers-Allee präsentierte in all seiner Pracht hunderte mit Wasser gefüllter Plastikbecher. Mein Herz hüpfte vor Erregung. Ich kippte zwei halb gefüllte Becher mit hella Mineralwasser in mich hinein. Die pisswarme Brühe schmeckte fürchterlich und ich sehnte mich nach dem eiskalten Grundwasser aus dem Feuerwehrschlauch zurück. Zwei weitere Becher landeten anschließend auf meinem Kopf und liefen den Oberkörper entlang, durch die Hose, an den Schienenbeinen, in die Schuhe. „Endspurt?“ Dennis pustete die Backen auf. „Geht nicht! Lauf alleine weiter!“ Ohne zu überlegen winkte ich ab. „Auf keinen Fall. Nur noch einen Kilometer. Wir bringen das gemeinsam zu Ende!“ Ich gab Dennis einen leichten Klaps auf den Rücken und lief in einer gemütlichen 8er Pace vor. Dennis folgte. Die letzten hundert Meter herrschte vielsagendes Schweigen. Wir waren fix und fertig. Aber wir wussten auch, dass wir es schaffen würden.


Nur noch wenige Zuschauer waren am Ziel, als wir nach zwei Stunden und fünfzig Minuten den blauen Teppich erreichten. Wie in Trance zog ich nochmal kurz an. Die Wade zuckte. Alltagsbeat mischte sich mit der Kirmesstimme des Zielmoderators. Kameras klickten rechts und links. Mit einem schrillen Pieps flog ich über die Zielmatte. Kurz nach mir überquerte Dennis mit in die Höhe gestreckten Armen die Ziellinie. Die Hitzeschlacht von Hamburg war geschlagen.


Fazit: Super Streckenführung. Tolle Organisation vor und nach dem Lauf. Katastrophale Fehleinschätzung der Wasserversorgung. 



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Kreuz und quer durch Utrecht


 Richtige Kerle machen keine halben Sachen. Daher kam der Halbmarathon für Axel und mich nicht infrage. Wir gingen „all in“ und haben unser Leben auf der abenteuerlichen Kwartmarathon-Route riskiert.

Utrecht Marathon bedeutet Fat Boys Run Hörer Treffen und Fat Boys Run Hörer Treffen bedeutet Pasta Party bei Philipp Jordan. Das Laufabenteuer Utrecht startete weltmeisterlich. Weltmeisterlich war die selbstgemachte Tomaten-Soße vom Hausherr Philipp, sowie die Eiscreme von Roberto Gelato in der Poortstraat. Es war ein rundum gelungener Abend und Auftakt in das Laufabenteuer Utrecht. Ein Haufen laufbegeisterte Podcast-Hörer und -Produzenten, jede Menge Kohlenhydrate,  Apfelschorle und Fachsimpelei, gepaart mit einem Schuss Blödelei über unser aller Lieblingsthema: Laufen. Der Himmel auf Erden, der sich aber schon am nächsten Morgen in die Hölle von Utrecht verwandelte.

Stau! Bereits auf der Autobahnabfahrt zum P+R Parkhaus. Umleitungen oder Ordnungskräfte: Fehlanzeige! Nicht ein zu ambitioniertes Lauftempo, sondern die Stand- und Wartezeit trieben meinen Puls in die Höhe. Axel vom Podcast Rennsandale wartete bereits am Start auf mich und ich stand schon eine dreiviertel Stunde in der Warteschlange im Parkhaus. Ein Wagen fuhr raus. Ein Wagen fuhr rein. Leider fuhr allerdings nicht schnell genug wieder der nächste Wagen raus und so dauerte es manchmal zehn Minuten bis ein weiterer Wagen reinfahren konnte. Das war deutlich zu langsam, um noch rechtzeitig den Startschuss mitzuerleben. Niederländische Läufer sind in dieser Hinsicht aber pragmatisch. Was nicht auf ist, wird auf gemacht. Und so sprang ein Clan junger Kerle aus einem Wagen, zogen die Schranke mit Gewalt hoch und erlaubte so einer Handvoll Autos unerlaubten Einlass. Ich war einer der Glücklichen.

Abgehetzt erreichte ich den Start. Philipp und die Hörer waren bereits in den Halbmarathon gezogen. Axel und ich machen aber keine halben Sachen. Zumindest nicht an diesem Tag. Daher hatten wir uns tollkühn für den Kwartmarathon angemeldet. Der gemeine Leser fängt jetzt an zu rechnen, Marathon geteilt durch vier, sind 10,55km.  Aber nicht der Kwartmarathon in Utrecht. Aber dazu später mehr.



 Ein grooviger Technobeat, ein Einpeitscher der wie Daniel Campbell „Dan“ Smith aussah und wild rumhüpfte, tausende Läufer, die ihre mickrigen Läuferärmchen in die Höhe ragten und lauthals ihre Lust, das Gummi ihrer hochentwickelten Laufschulsohle auf den Straßen Utrechts zu hinterlassen, raus schrien. Ein Bild was sich also jedes Wochenende bei zahllosen Laufveranstaltungen immer und immer wieder zeigt. Noch war alles normal. Axel machte ein Selfie, ich zog den Reißverschluss meiner Laufweste hoch und dann ging es auch schon los.

Wenige Meter nach dem Start ein Aufschrei. „He, pass auf!“ Ich wurde nach vorne gedrückt und unsanft von hinten umgegrätscht. Wie ein Känguru sprang ein Guerilla-Läufer an mir vorbei. „Das ist asozial!“, rief eine Läuferin hinter mir. Meine erste schmerzliche Erfahrung des Tages. Beim Kwartmarathon werden die Ellbogen ausgefahren und ohne Rücksicht auf Verluste, wie bei einem mickrigen Vollpension-Buffet in einem schäbigen drei Sterne Hotel auf Mallorca, nach vorne gestürmt. Ungläubig sah ich Axel an. Der hatte allerdings gar nichts von diesem rücksichtslosen Angriff mitbekommen, weil er auf den Asphalt fokussiert war. Hatte ich es schon erwähnt? Axel war barfuß unterwegs und vollends damit beschäftigt seinen nächsten Schritt nicht auf einen scharf kantigen Stein, in eine Glasscherbe oder einen Hundehaufen zu setzen.

Die nächsten Kilometer führten uns ein wenig aus der Stadt raus. Vorbei an Bauzäunen, parkenden Autos und genervt dreinblickenden Passanten. Axel tänzelte von links nach rechts zur Mitte, um auf der glatten und für ihn angenehmeren Fahrbeinmarkierung zu laufen. Ich flankierte ihn von rechts oder links, damit keiner der Niederländischen Guerilla-Läufer ihn auf die schutzlosen Quanten trampelte.
Unbekümmert liefen wir so mehrere Kilometer vor uns her. Oft überholten wir andere sehr ambitioniert wirkende Läufer, manchmal wurden aber auch wir überholt. Alles nahm seinen Lauf bis ungefähr Kilometer Marke 8. Gedanklich befassten wir uns schon mit der Zieleinlaufpose, als sich zwei Wege kreuzten und andere Läufer von rechts dazu stießen. Es wurde hektisch und unübersichtlich. Der Weg gabelte es sich. Einige liefen nach rechts, einige nach links. Keine Absperrgitter. Keine Ordner. Keine Fahrbahnmarkierungen. Axel und ich tendierten nach rechts. Passanten schrien und gestikulierten wild nach links. Also gut, dann liefen wir eben nach links. Das Teilnehmerfeld wurde voller. Anscheinend waren wir so kurz vor dem Ziel jetzt mit den Halbmarathon Läufern auf einer Route und sollten den Zieleinlauf gemeinsam genießen dürfen.

Die Strecke führte zurück in die Stadt. Durch kleine Gassen an malerischen Grachten vorbei.
Herrlich! Doch Vorsicht. Das naiv idyllische Bild der Niederländischen Grachtenstadt war trügerisch, denn der Kwartmarathon ist heimtückisch, brutal und unberechenbar. Urplötzlich führte die Route auf eine vierspurige Hauptstraße. Fahrende Autos kamen hupend auf uns zu. Axel und der Großteil der anderen Läufer schlugen sich auf die rechte Fahrbahn. Ich sprang auf den linken Fahrradweg. In Schlangenlinien umkurvte ich Passanten, Radfahrer, andere Läufer, warf einen Blick über die Schulter und nutze einen günstigen Augenblick im dichten Stadtverkehr, um ebenfalls auf die andere Straßenseite zu gelangen.


 Meine Laufuhr zeigte 10 Kilometer an, als sich die Route erneut gabelte. Axel und ich tendierten weiter auf der Route geradeaus zu laufen. Erneut keine Absperrung, keine Ordner, keine Fahrbahnmarkierungen oder Schilder. Passanten schrien: „Liiiiiiiiinks!“ Also schwenkten wir kurz nach links, als zwei hilfsbereite Passantinnen todesmutig auf die Straße sprangen und uns mit wilden Armbewegungen aufforderten doch geradeaus zu laufen.
Kurze Zeit später erreichten wir Kilometer Marke 16. Erzürnt maulte ein Niederländischer Grachten-Läufer: „So eine Scheiße! Das passiert schon das zweite Mal hier!“ Wir ahnten böses. Jetzt setzen wir auf Kommunikation. Was war passiert? Wo waren wir? Wo war das Ziel des Kwartmarathons? Dank unserer rudimentären Niederländisch Kenntnisse konnten wir in Erfahrung bringen, dass wir nun auf der Halbmarathon-Strecke waren und das Ziel noch weitere 5 Kilometer vor uns lag. Dieser gottverdammte Kwartmarathon! Er wollte uns testen, uns in die Knie zwingen, uns brechen. Aber aufgeben stand für uns nicht zur Debatte. Axel kramte die Laufsandalen aus seinem Rucksack. Neu besohlt ging es auf ins letzte Drittel des Viertel-Marathons.


 Wir näherten uns peau à peau dem Ziel. Jetzt stand auch hin und wieder mal eine Band am Wegesrand und Zuschauer mehrten sich. Kurz vor dem Ziel die nächste Überraschung. Wie ein Leuchtturm in der Abenddämmerung verfinsterte die Silhouette eines groß und kräftig gebauten Lauf-Titanen den Himmel. Wir hatten Philipp eingeholt. Sichtlich erfreut uns zu sehen klatschten wir mit einem High Five ab.
Der letzte Kilometer führte unspektakulär an unansehnliche Bauklötze des Universitätsviertel vorbei. Philipp quasselte ohne Punkt und Komma auf uns ein. Passanten klatschten.  Eine Niederländische Straßenband spielte Karnevalsmusik. Die Strecke wurde schmaler. Kwart- und Halbmarathon-Läufer knubbelten sich auf den letzten Metern. Dann rissen wir die Arme hoch. Es war vollbracht. Wir hatten uns nicht gebeugt. Wir hatten der Herausforderung die Stirn geboten. Wir hatten den Kwartmarathon besiegt.

Nach dem Zieleinlauf: Massenabfertigung! Lieblos wurde uns das begehrte Stück Edelmetall aus einem Karton heraus in die Hand gedrückt. Im Entenmarsch kämpften wir uns zurück zum Parkhaus.
Vielen Dank an dieser Stelle an Philipp, der mich bei der Parkhaus-Leitung rausboxte und mir ein Ausfahr-Ticket verschaffte.


Fazit: There is no finish line! Schon gar nicht beim Kwartmarathon in Utrecht. An diesem Tag war der Kwartmarathon 15km lang und hielt mit Irrwegen und Gegenverkehr einige Überraschungen für uns parat. Trotz des chaotischen und teilweise sogar gefährlichen Streckenverlaufs, war es ein rundum gelungenes Lauf-Wochenende, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.



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Stevensloop – vom Winde fast verweht

Dicke Regentropfen prasselten gegen die Windschutzscheibe und der Himmel verfinsterte sich, als ich mich auf dem Weg Richtung Nijmegen befand. Wieder einmal Nijmegen, wieder einmal Laufen, wieder einmal Kack-Wetter. Siebentausend Läufer versammelten sich am 17.03.2019 um die Stevenskerk in Nijmegen. Darunter 2.300 Halbmarathonläufer. Es war also mächtig was los in der ältesten Stadt der Niederlande.


Unter all den Schlechtwetterläufern war ich. Das Läuferknie. Und genau das machte Mucken. Schon seit ein paar Tagen pochte das Wadenbeidenköpfchen links außen. Aber ein Indianer kennt keinen Schmerz und ein Läuferknie schon mal gar nicht.

Professionell dilettantisch tänzelte ich um die Stevenskerk. Dehnte mich leicht, machte halbherzige Lauf ABC Übungen und musterte die anderen Läufer mit einem durchbohrenden Olli-Kahn Gedächtnis Blick, der sagte: „Heute siehst Du nur meine Fersen!“

Der Startblock schlängelte sich in schmalen Gassen um die historische Kirche. Wie moderne Gladiatoren tummelten sich in bunten Plastikponchos eingehüllte Allwetterläufer rund um das romanische Gemäuer. Leichter Regen, milder Wind und Nadelstreifendünne Sonnenstrahlen schwängerten die Geldrische Luft. 


War ich bereit? Nein. Hatte ich Lust? Nein? Wollte ich den Niederländischen Tulpenläufern zeigen, was eine Deutsche Rennschnecke ist? Ja!

Punkt 13:30 Uhr fiel der Startschuss. Das Gedränge war groß. Ich bekam einen holländischen Ellbogen in die Seite. Käse-Klompen trafen meine Hacken. Ich war im Rennen. Aufgepumpt mit Adrenalin, falschem Ehrgeiz und völlig fehlenden Geschwindigkeitsgefühl rannte ich mit einer fünfer Pace über den Weurtseweg in den Westerpark.

Es wurde überfallartig heiß unter meiner winterlichen Softshell-Jacke. Ich brauchte einen Hasen, der nicht zu langsam vor sich her hoppelte, aber auch kein Rennkanickel, was meinen Jagdtrieb erweckte. Schnell musste irgendein Häschen her was zwischen 6’30 und 7’00 lief, sonst würde ich den Hitzetot erleiden. Kurz vor dem Aufstieg zur Oversteek-Brücke hoppelte es mir dann vor die Flinte. Es trug einen violett farbenen Trainingsblusson, der selbst für Holländerinnen zu grell und schräg war, eine bis ans Limit gedehnte Dreiviertel Leggins und hatte den rot-blonden Schopf auf der rechten Seite militant kurz rasiert. Nicht schön, nicht stilvoll, aber genau meine Pace.

Der Anstieg zur Oversteek-Brücke war lang und steil. Oben angekommen, blies ein stürmischer Wind leichten Nieselregen in mein Gesicht. Ich zog das Schlauchtuch über Mund und Ohren und schlug mich in den Windschatten meines halb kahl geschorenen Häschens.
De Oversteek, zu Deutsch die Überquerung, wurde erst 2013 für insgesamt 260 Mio. Euro fertiggestellt und führt auf einer Länge von 1400 Metern in 14 Metern Höhe über den Rhein, der in den Niederlanden auf den Namen Waal getauft ist.
Das Teilnehmerfeld lichtete sich. Auch mein Häschen zog an und ich musste die Leine etwas länger lassen. Auf der anderen Seite der Waal führte die Strecke in einem weiten Bogen nach Nijmegen-Lent. Das Ufer war hier karg, flach und schroff.
Erste Verpflegungsstation. Mein Häschen zog die Handbremse und blieb abrupt stehen. Ich schaltete zwei Gänge runter und nahm im Gehen einen bis zu ein Drittel gefüllten Pappbecher mit Sportlimo zu mir. Noch ein paar Meter gehen, das Häschen an mir vorbeiziehen lassen und dann im Windschatten wieder Fahrt aufnehmen. Aber mein Häschen kam nicht mehr. Suchend blickte ich mich um. Es war verschwunden.
Jetzt bloß nicht zu lange Pause machen. Daher weiter alleine laufen. Wieder zurück Richtung Waal, die Zaligestraat hoch und über die Zaligebrug über einen kleinen Nebenarm der Waal auf eine Insel inmitten des Flusses. Die ersten fünf Kilometer waren geschafft, aber ich auch. Hier draußen auf der Insel Veur-Lent zwischen Spiegelwaal und Waal tobte ein Orkan. Das Atmen viel schwer. Verdammte Holländer. Sie wollten mich in die Knie zwingen und hatten alle Windmühlen in meine Richtung gedreht. Ich musste schnellstmöglich und kraftsparend aus der Windschneise raus. Ein Oxymoron. Ich kämpfte mich mühsam voran und öffnete die Jacke. Schon 176 Puls. Am Ende der Insel führte die Strecke über die Oudelijk zurück auf's Festland. Auf der anderen Seite war's windstill. Dafür knallte hier die Sonne. Nijmegen machte an diesem Sonntag Neuseeland Konkurrenz. Gleich mehrere Klimazonen und Vegetationen konnte man auf den ersten Kilometern durchlaufen. Ich war fix und fertig und trabte im Schatten eines älteren Herren in einer gemütlichen siebener Pace in der mittäglichen Gluthitze vor mich her.

Nahe der Sprokkelenburg war die nächste Verpflegungsstation. 10km waren geschafft. Ich lag noch gut in der Zeit. Aber ich musste mich vom einschläfernden Schritt des Lauf-Opas lösen um auf Kurs zu bleiben. Just in diesem Moment zog eine Lauf-Oma samt Rennradbegleitung an mir vorbei. Eigentlich eine Spur zu schnell, aber wenn ich bloß 5km an ihr dran bleiben könnte, dann wäre die persönliche Bestzeit zum greifen nah.
Unbeeindruckt durch meine Gegenwart machte die Lauf-Oma ihr Ding und zog mich durch de Pas. Die Sonne stand im Zenit und presste mich aus wie eine spätreife Zitrone. Mein rechter Fuß krampfte. Verdammte Plantarsehne. Ich zog meine Zehen an und verringerte die Abrollbewegung. Ein falscher Tritt, ein paar Sekunden zu schnell und ein Monster Krampf würde mich aus dem Rennen nehmen. Trotzdem lieb ich dran. Der Rennradfahrer zog Oma und Oma zog mich.
Ich fingerte mein Handy aus der Kängeru-Tasche und haute Placebo auf meine Ohren. Laut sang ich den Text von "Loud like love" in einer mir abgewandelten Form mit. "Run on an atom, run on a cloud... believe, believe... we are on the run… .“ Der Oma gefiel anscheinend meine Gesangskunst nicht und zog an. Dran bleiben? Nicht dran zu denken. Trotz des akustischen Dopings musste ich nach 14,5km abreisen lassen. Alleine schleppte ich mich noch 500 Meter weiter zur letzten Verpflegungsstation und schüttete mir gleich zwei Becher dieser isotonischen Sportbrühe in den Rachen. Ich war am Ende. Körperlich völlig ausgepowert und von Schmerzen in der Plantarsehne geplagt lagen aber noch ganze 6km vor mir.

Ich lief an, musste aber schon nach wenigen Metern wieder gehen. Eine kleine indonesisch aussehende Frau in Zebra Leggins überholte mich. Schwerfällig fiel sie Schritt für Schritt vorwärts und drehte dabei den rechten Fuß im 90° Winkel nach aussen. Ich lies sie zehn Meter davon laufen, dann kämpfte ich mich wieder ran, stoppte, ging, lies ihr wieder zehn Meter Vorsprung und kämpfte mich erneut ran. Ganze zwei Kilometer lang spielten wir dieses Katz und Maus Spiel bis zum Anstieg an den Bemmelsedijk. Hier schlossen wir uns einer gestrandeten Laufgruppe an und kämpften uns geschlossen Meter für Meter hoch. Oben auf dem Deich wütete wieder ein Orkan. Es begann zu regnen. Donner ertönte von Fern. Aufgeben? Auf keinen Fall. Ich bekam die zweite Luft. Je stärker der Windsturm wehte, je schneller wurde ich und zog an mehreren havarierenden Läufern vorbei. Dieser Witten machende Lauf wollte mich fertig machen, mich brechen und in der Waal versenken.

Über die Lentse Warande ging es am Fluß entlang. Wie ein Blitz schlug ein stechender Schmerz in beide Waden. Augenblicklich musste ich stoppen und begann zu gehen. Ich hatte es übertrieben. Kurz vor Kilometer 19 erlitt ich Mast- und Schotbruch und musste die Paddel auspacken. Ich konnte keinen Schritt mehr laufen und ging rückwärts den Anstieg zur Parmasingel hoch. Nur noch zwei Kilometer. Ich humpelte auf die verlengde Waalbrug. Der Sturm traf mich aus Westen. Ich schwankte kurz nach links Richtung Fahrbahn und drohte zu kentern. Ein Regenschwall ergoss sich über mich. „Hunderttausend heulende und jaulende Höllenhunde!“ War hier irgendwo eine verstecke Kamera? Das Wetter konnte nicht wahr sein. Ich kämpfte mich Schritt für Schritt über diese alte vermaledeite Eisenbrücke Richtung Innenstadt.

Verstohlen wagte ich einen Blick auf die Uhr. Ich lag gut in der Zeit. Noch war der Zieleinlauf unter 2 Stunden und 30 Minuten möglich. Die Strecke führte am Hunnerpark und Valkhofpark vorbei auf die Bruchtstraat Richtung großer Markt. Das Ziel war nah. Nur noch wenige hundert Meter. Musik ertönte. Dann donnerte es wieder und Erdnussgroße Hagelkörner hießen mich auf die für diesen Lauf gottverdammt typische Art und Weise Willkommen.
Geteert und gefedert fiel ich über die Ziellinie. Eine Schlechtwetter-Besieger Medaille wurde mir über den Hals geworfen. 
Ich duckte mich unter hektisch aufgespannten Regenschirmen hinunter durch und suchte Schutz im überfüllten Eingangsbereich von Hema. Was sagte die Uhr? Zwei Stunden, vierundzwanzig Minuten und acht Sekunden. Unglaublich! Persönliche Bestzeit.

Ich wusste es von Anfang an. Bei Fritz-Walter-Wetter ist das Läuferknie zu Höchstleistungen fähig.



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